Die Hundsbergkellergasse
Ursprünglich gab es in Hart-Aschendorf vier kleinere Kellergassen: Die Kleinstetteldorfer, die Aschendorfer, die Harter und die Hundsbergkellergasse. Durch das Wachstum der ansässigen landwirtschaftlichen Betriebe und die damit einhergehende baulichen Veränderungen sind diese Kellergassen im Laufe der Zeit teilweise verschwunden. Zweieinhalb Kellergassen, darunter die Hundsbergkellergasse mit ihren 15 Kellern, haben die Zeit jedoch überdauert.
Wann die Keller der Hundsbergkellergasse erbaut wurden, weiß im Ort heute niemand mehr. Sicher ist nur, dass sie zumindest seit dem Jahr 1859 bestehen. Diese Jahreszahl findet sich auf einer der beiden gut erhaltenen, aber nicht mehr betriebenen Baumpressen und ist das früheste, schriftliche Zeugnis der Nutzung dieser Kellergasse.
Geschichte(n)
Die Geschichten die über die Hundsbergkellergasse erzählt werden, sind oft mit unangenehmen Erinnerungen verbunden. So wie der Bericht über Soldaten der russischen Besatzungsmacht die im Jahr 1945 dort einen Dorfbewohner erschossen und einen zweiten schwer verletzten.
Die beiden Männer fürchteten um den in Fässern gelagerten Wein und wollten nachsehen, was die in den Presshäusern einquartierten Besatzungssoldaten dort trieben. Was dann geschah ist heute leider nicht mehr bekannt. Auf jeden Fall endete es für einen Hart-Aschendorfer tödlich. Der zweite Dorfbewohner konnte zum Glück schwer verletzt entkommen.
Eine zweite Geschichte erzählt von der Maul- und Klauenseuche, die 1973 im Ort ausbrach. Wer damals Hart-Aschendorf verlassen wollte, musste einen Seuchenteppich aus feuchten Holzspänen und Sägemehl überqueren. Vielen Bewohnern war diese Sicherheitsmaßnahme zu mühsam und so blieben sie lieber im Ort. Und statt „zum Wirten“ zu fahren trafen sie sich in der Kellergasse um dort gemeinsam zu essen und Wein zu trinken.
Danach begann die Hundsbergkellergasse rasch zu verfallen. Kaum jemand ist noch in die Kellergasse rausgegangen. Bis auf zwei alte Herren, den Müllner und den Weinhappl, die noch Weine in ihren Kellern lagerten. Beinahe täglich sah man sie vor ihren Presshäusern sitzen. Bei einem oder mehreren Achterl Wein.
Die Keller wurden also kaum noch genutzt und wuchsen mit wildem Wein, Holler- und Dornenbüschen zu – was zwar märchenhaft aussah, der Bausubstanz aber schadete.
Die Revitalisierung
Mehr als drei Jahrzehnte lang standen die Gebäude leer, bis um die Jahrtausendwende Überlegungen angestellt wurden, die Keller wieder zu nutzen.
Den Ausschlag gab die im Jahr 2003 geplante Sonnwendfeier des Dorferneuerungsvereins. Diese sollte ursprünglich unter freiem Himmel stattfinden, doch weil für den Veranstaltungstag Schlechtwetter vorhergesagt war plante der Verein die Keller der Hundsbergkellergasse in die Feier mit ein. Nach Rücksprache mit den Kellerbesitzern, die noch ausfindig gemacht werden konnten, wurden die Presshäuser mit Tischen, und da es noch keinen Stromanschluss in der Kellergasse gab, auch mit Kerzen ausgestattet. Das war der Startschuss für die Wiederbelebung der Hundsbergkellergasse.
In den folgenden Jahren erwarb der Dorferneuerungsverein Hart-Aschendorf drei der baufälligen Keller mit der Absicht diese wieder nutzbar zu machen. Mit Hilfe von Informationsveranstaltungen und Vorträgen sollten aber auch die restlichen Kellerbesitzer für eine Sanierung ihrer Keller begeistert werden. Erst durch die Möglichkeit einer Förderung zur Restaurierung von Weinviertler Kellergassen, die gemeinsam von der Europäischer Union, vom Bund und vom Land Niederösterreich bereitgestellt wurde, setzte sich die Idee zur Erhaltung und Renovierung der alten Keller durch.
Nach fast 40 Jahren des Dornröschenschlafs fand im Jahr 2011 dann eine eingehende Besichtigung der Bausubstanz statt. Dabei fand sich in einem der Keller, die vom Dorferneuerungsverein erworben wurden eine bauliche Rarität – ein „böhmisches Platzl“.
Der Keller in dem sich diese seltene Form eines gemauerten Gewölbes fand, war jedoch schon so desolat, dass die einzige Möglichkeit des Erhalts – wie ihn Architekt Helmut Leierer empfahl – nur im Abtragen und Neuaufbau des Kellers bestehen konnte.
Nicht nur der Zustand der Bausubstanz, auch die rechtlichen Fragen der Eigentümerschaft einiger Keller mussten vor Baubeginn restlos geklärt werden, was nach so langer Zeit nicht immer leicht war und einiges an Rechercheaufwand bedeutete.
Als dann die Pläne abgestimmt, eingereicht und von der Baukommission genehmigt waren, wurden die Fördermittel beantragt und mit der Renovierung begonnen.
Auch wenn für fachmännische Aufgaben, wie zum Beispiel das Wölben der Keller, Profis engagiert wurden, erledigten die Kellereigentümer mit viel Eigeninitiative und Teamarbeit den Großteil der Arbeiten selbst. Sie achteten dabei darauf die ursprüngliche Struktur der Keller zu erhalten oder dort, wo Keller abgetragen und neu errichtet werden mussten, so nah wie möglich am Original zu bleiben. Alte Fotos dienten dabei zur Orientierung und die historische Baumaterialen, die noch verwendbar waren, wurden bei der Renovierung wieder verwendet. Kalksteine, Holz, Mauer- und Dachziegel – wie die „Wiener Taschen“, die vom Dachdecker originalgetreu vermörtelt wurden – fanden wieder an ihren Platz. Die alten Türbänder, Schlüssel und Kellergitter wurden vom Schmied im Nachbarort restauriert oder teilweise originalgetreu rekonstruiert.
Was die Förderung nicht abdeckte, den Innenausbau der Presshäuser zum Beispiel, finanzierten die Kellerbesitzer mit Eigenmitteln. Die Hundsbergkellergasse sollte ja schließlich nicht nur Fassade sein, sondern auch wirklich wieder belebt und genutzt werden – dieser Wunsch stand ja schon zu Beginn des Renovierungsprozesses.
Heute ist die ehemals desolate, dem Verfall preisgegebene Kellergasse, dank des Engagements vieler Hart-Aschendorfer, wieder zu einem idyllischen Treffpunkt geworden. Einem Ort für zahlreiche Veranstaltungen, an dem man sich gerne trifft um gemeinsam und in aller Ruhe, bei wunderbarer Aussicht über die nähere Umgebung, ein Glas Wein zu trinken.